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Brandschutztechnische Anforderungen an Decken beim nachträglichen Dachgeschossausbau

Die Stellungnahme einer Brandschutzdienststelle zum Bezugssachverhalt führte zu Standpunkten, die mit denen der Bauaufsichtsbehörde und der Bezirksregierung nicht vereinbar waren und mündete in einem Entscheidungsbegehren an die oberste Bauaufsichtsbehörde. Die Brandschutzdienststelle hatte entschieden: "Die brandschutztechnische Sachverhaltsprüfung [...], die ausdrücklich nur eine fachliche Einschätzung ist und rechtliche und verwaltungstechnische Problemstellungen (wie z. B. den Bestandsschutz) nicht berücksichtigt, kommt nach fachlicher Abwägung zusammenfassend zu dem Schluss, dass unabhängig von der Art des Bauvorhabens (Neu- oder Altbau) eine Realisierung der Decken mit einem definierten Feuerwiderstand von 90 Minuten geboten ist und eine Abweichung gem. § 73 BauO NRW in diesem Fall nur sehr schwer umzusetzen ist."

Der Einschätzung der Brandschutzdienststelle in der zitierten Form kann ich mich nicht anschließen. In dieser Entscheidung wird zudem eine bauordnungsrechtliche Verfahrensvorschrift beurteilt, die sich auf eine materielle Anforderung bezieht, deren Abweichung von der vorgeschriebenen Ausführung nicht unter dem Vorbehalt steht, ausdrücklich unter der Voraussetzung gestattet werden zu können, dass Bedenken wegen des Brandschutzes nicht bestehen oder dass der Brandschutz auf andere Weise gesichert ist. Ich gebe nachstehend den Inhalt des Antwortschreibens des MBV an die anfragende Bezirksregierung wieder:

"In [...] habe ich dargestellt, dass hinsichtlich der Anforderungen des § 34 BauO NRW für Decken die Mehrheit der Bauaufsichtsbehörden im Bezirk [...] von der Anforderung F 90 abweichen und sich mit einem Feuerwiderstand der Decke begnügen, der mindestens die im Bestand vorhandene Feuerwiderstandsklasse sichert. Hintergrund für die Handlungsweise der Bauaufsichtsbehörden ist die Überlegung, dass die Forderung nach einer punktuellen Anpassung eines Gebäudes an die geltenden Brandschutzbestimmungen der BauO NRW im Hinblick darauf, dass das Gebäude insgesamt nicht den aktuellen materiellen Anforderungen entspricht, unverhältnismäßig ist. Die punktuelle Erfüllung geltender Vorschriften der BauO NRW verbessert nicht insgesamt das Sicherheitsniveau eines bestehenden Gebäudes. Zudem bleibt offen, warum einzelne Brandschutzdienststellen hinsichtlich der Sicherheit der Einsatzkräfte in Bezug auf die Deckenqualitäten einer Nutzungseinheit Bedenken vortragen, im Übrigen die Deckenqualitäten der nicht vom Umbau betroffenen Geschosse aber nicht in Frage stellen.

Schon in der BauO NRW 1984 konnten nach § 68 Abs. 2 Nr. 2 Ausnahmen von den Vorschriften der §§ 25 – 46 (Fassung 1984) bei Modernisierungsmaßnahmen für Wohnungen und Wohngebäude und bei Vorhaben zur Schaffung von zusätzlichem Wohnraum durch Ausbau gestattet werden, wenn die öffentliche Sicherheit oder Ordnung nicht gefährdet wird, insbesondere wenn Bedenken wegen des Brandschutzes nicht bestehen. Mit Änderung der BauO NRW 1995 wurde mit der Neufassung des § 73 „Abweichungen“ die Aufteilung in Ausnahmen und Befreiungen in § 68 BauO NRW 1984 aufgegeben und ein einheitlicher Abweichungstatbestand geschaffen. In der Begründung zur Novelle 1995 ist zu § 73 ausgeführt, dass sowohl für die früheren Fälle der Ausnahme als auch für die übrigen Abweichungen, mit denen die ehemalige Befreiung im Einzelfall erfasst werden sollen, nunmehr von der Abweichung gemäß § 73 BauO NRW erfasst sind. Der Wille des Gesetzgebers, den nachträglichen Ausbau von Dachgeschossen zu Wohnzwecken zu erleichtern, wurde durch Einführung des Instruments der „Abweichung“ anstelle von „Ausnahmen und Befreiungen“ somit nicht verändert. Demnach ist nach wie vor davon auszugehen, dass der Gesetzgeber, unter Beachtung der Eigentumsgarantie des Artikel 14 Grundgesetz, bei älteren Gebäuden ein anderes, in der Regel geringeres Sicherheitsniveau akzeptiert, als bei Gebäuden, die nach den aktuell geltenden Brandschutzbestimmungen errichtet wurden. Ansonsten hätte der Gesetzgeber regeln müssen, dass bei Änderung der Anforderungen der BauO NRW bestehende Gebäude innerhalb einer zu bestimmenden Frist an die neuen Vorschriften anzupassen sind.

Dies gilt für Wohngebäude ebenso wie für Sonderbauten, wobei in Sonderbauverordnungen z. T. Regelungen über die Anwendung von Vorschriften auf bestehende Gebäude enthalten sind. Unter diesen Voraussetzungen ist es gerechtfertigt, bei Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen von den geltenden Vorschriften der BauO NRW abzuweichen und lediglich Anforderungen zu stellen, die ausreichen, um das Sicherheitsniveau des bestehenden Gebäudes zu erreichen. Kompensationsmaßnahmen sind in diesen Fällen grundsätzlich nicht erforderlich. Kompensationsmaßnahmen bzw. Anforderungen zur Anpassung einzelner Bauteile an die geltenden Vorschriften kommen nur dann in Betracht, wenn das Sicherheitsniveau des Gebäudes dies erfordert, z. B. zur Beseitigung einer konkreten Gefahr oder wenn aufgrund der beabsichtigten Nutzung Bedenken wegen des Brandschutzes bestehen, z. B. bei Räumen mit erhöhter Brand- oder Explosionsgefahr.

Die Bauaufsichtsbehörden sind gehalten, unter Beachtung der o. a. Ausführungen in eigener Zuständigkeit über Abweichungen gemäß § 73 BauO NRW zu entscheiden. Tragen Brandschutzdienststellen Bedenken im Rahmen der Beteiligung im Verfahren gemäß § 73 vor, ist von der Bauaufsichtsbehörde zu prüfen, ob die Bedenken im Sinne der obigen Ausführungen gerechtfertigt sind. Nicht gerechtfertigte Bedenken sind von der Bauaufsichtsbehörde nicht weiter zu verfolgen. 

Der Erlass ergeht im Einvernehmen mit dem Innenministerium."

 

Quelle: Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen - Information an die Bezirksregierungen

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