Aus gegebenem Anlass gebe ich folgende Hinweise zum Vollzug des § 5 BauO NRW 2018, den Muster-Richtlinien über Flächen für die Feuerwehr (MRFlFw) und der Verordnung über bautechnische Prüfungen (Bau-PrüfVO):
Mindestens vier Städte in Nordrhein-Westfalen haben in den letzten Jahren Publikationen mit Titeln wie "Anforderungen an Flächen für die Feuerwehr“, „Merkblatt Feuerwehrzugänge, Feuerwehrzufahrten, Aufstell- und Bewegungsflächen“, „Leitfaden Anforderungen an Flächen für die Feuerwehr“ oder „Richtlinien der Feuerwehr [..] über Flächen für die Feuerwehr“ veröffentlicht, in denen Anforderungen gestellt werden, die sowohl über die gesetzlichen Anforderungen des § 5 BauO NRW 2018 als auch über die konkretisierenden Anforderungen der Muster-Richtlinien über Flächen für die Feuerwehr i.V.m. der Anlage A 2.2.1.1/1 der VV TB NRW hinausgehen.
1. Anforderungen an Wege zum Transport von tragbaren Leitern
In den o.g. Publikationen werden u.a. Anforderungen an den Kurvenradius von Wegen gestellt, die durch Gärten oder über sonstige Flächen auf dem Grundstück zu anleiterbaren Fenstern führen.
§ 5 Absatz 1 Satz 1 BauO NRW 2018 verlangt zwar, dass von öffentlichen Verkehrsflächen insbesondere für die Feuerwehr ein geradliniger Zuoder Durchgang zu bestimmten Gebäuden zu schaffen ist, der nach Nummer 14 MRFlFw mindestens 1,25 m breit sein muss, jedoch beziehen sich diese Anforderungen auf Zugänge wie einen Zugang zwischen einer Grundstückseinfriedung und einer Gebäudeaußenwand und auf Durchgänge wie einen Durchgang durch ein Gebäude hindurch zur straßenabgewandten Seite, jedoch nicht auf Wege durch Gärten oder über sonstige Grundstücksflächen. Für diese Anforderungen an Transportwege für tragbare Leitern gibt es weder im Bauordnungsrecht noch im Brandschutzrecht eine Rechtsgrundlage.
2. Anforderungen an Aufstellfläche für tragbare Leitern
In den vorgenannten Publikationen werden u.a. auch Anforderungen an Aufstellflächen für tragbare Leitern gestellt. Diese Anforderungen umfassen die Mindestgröße der Aufstellflächen, die Abstände der Aufstellflächen zur Gebäudeaußenwand, das ständige Freihalten der Aufstellflächen und teilweise auch die Befestigung und Tragfähigkeit der Aufstellflächen bis hin zu einem Verbot von Bäumen und großen Sträuchern. Für diese Anforderungen an Aufstellflächen für tragbare Leitern gibt es weder im Bauordnungsrecht noch im Brandschutzrecht eine Rechtsgrundlage.
Das Gelände, auf dem eine tragbare Leiter aufzustellen ist, darf nicht mehr als 8 m unter der Oberkante der Brüstung von zum Anleitern bestimmten Fenstern oder Stellen liegen (§ 5 Absatz 1 Satz 2 BauO NRW 2018). Die Leiterfüße sind durch die Feuerwehr erforderlichenfalls gegen Wegrutschen oder Einsinken zu sichern (Nummer 6 Buchts. b FwDV 10).
Weitere Anforderungen an Aufstellflächen für tragbare Leitern bestehen nicht.
3. Schotterrasen
Einige Publikationen schließen Aufstellflächen und Bewegungsflächen mit Schotterrasen kategorisch aus. In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, dass im Hinblick auf die Anforderungen des § 5 Absatz 2 Satz 1 BauO NRW 2018 an die ausreichende Befestigung und Tragfähigkeit von Aufstell- und Bewegungsflächen keine Bedenken bestehen, wenn diese Flächen die Anforderungen der „Richtlinien für begrünbare Flächenbefestigungen“ der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau (FLL) aus dem Jahr 2018 und insbesondere der Nutzungskategorie N Fw dieser Richtlinien erfüllen.
4. Flächen für die Feuerwehr auf öffentlichen Verkehrsflächen
In Bezug auf die Nutzung öffentlicher Verkehrsfläche als Aufstell- und Bewegungsfläche für die Feuerwehr verweise ich auf den entsprechenden Runderlass vom 30.12.2021. Demnach dienen öffentliche Straßen dem Gemeingebrauch und können grundsätzlich für den Einsatz durch die Feuerwehr genutzt werden. Ich weise in diesem Zusammenhang auf Folgendes hin:
1. Nach § 1 Absatz 2 Nummer 1 BauO NRW 2018 gelten weder die BauO NRW 2018 noch die MRFlFw für Anlagen des öffentlichen Verkehrs. Die MRFlFw können daher nur für die Beurteilung der Eignung der öffentlichen Verkehrsfläche als Fläche für die Feuerwehr herangezogen werden. Im öffentlichen Straßenraum ist daher nicht nur ein Anleitern parallel oder rechtwinklig zu Außenwänden gem. Nrn. 9 u. 10 MRFlFw zulässig, sondern auch ein Anleitern auf andere Weise. Es kommt in diesem Fall allein darauf an, ob die zum Anleitern bestimmten Stellen der Nutzungseinheiten mit den Rettungsgeräten der Feuerwehr zu erreichen sind.
2. Eine öffentliche Verkehrsfläche, auf der das Halten und Parken nach § 12 StVO unzulässig ist und auf der dennoch manche Verkehrsteilnehmer ordnungswidrig halten oder parken, ist bauordnungsrechtlich dennoch als Aufstell- und Bewegungsfläche für die Feuerwehr geeignet. Das ordnungswidrige Halten und Parken von Dritten begründet keinen Verstoß gegen § 5 BauO NRW 2018 und steht dem Vorhaben bzw. der Baugenehmigung nicht entgegen.
3. Das in dem Runderlass empfohlene Informieren der Straßenbaubehörde hat nicht durch die Bauherrschaften oder die Entwurfsverfassenden zu erfolgen.
5. Darstellung von Flächen für die Feuerwehr in den Bauvorlagen
Darüber hinaus werden in den o.g. Publikationen Anforderungen an die Darstellung von Flächen für die Feuerwehr einschließlich Zu- und Durchgängen in den Bauvorlagen gestellt, welche die Darstellung von Begrünung und Bewuchs bis hin zu Kronenmaßen von Bäumen, die Darstellung von Transportwegen für tragbare Leitern durch Gärten oder über sonstige Grundstücksflächen und die Darstellung von Aufstellflächen für tragbare Leitern im Lageplan verlangen und damit über die Anforderungen der Verordnung über bautechnische Prüfungen hinausgehen.
Nach § 3 Absatz 1 Satz 4 Nummer 14 BauPrüfVO sind zwar u.a. die Bewegungsflächen für die Feuerwehr und die Flächen im Lageplan darzustellen, die gärtnerisch angelegt werden bzw. mit Bäumen bepflanzt werden sollen, jedoch handelt es sich hier nur um eine Aufzählung unbebauter Flächen. Die gärtnerisch anzulegenden Flächen beziehen sich nicht auf die Bewegungsflächen für die Feuerwehr, sondern die Nummer 14 legt fest, dass die verschiedenen, dort aufgezählten nicht überbauten Flächen entsprechend im Lageplan dargestellt werden müssen. Die Bewegungsflächen für die Feuerwehr und die gärtnerisch anzulegenden Flächen haben nur gemeinsam, dass sie beide in Nummer 14 aufgeführt werden. Sie stehen ansonsten nicht in Bezug zueinander.
§ 1 Absatz 2 Satz 2 BauPrüfVO ist nicht dahingehend zu verstehen, dass aufgrund dieser Vorschrift die Darstellung von Transportwegen und Aufstellflächen für tragbare Leitern in den Bauvorlagen verlangt werden kann. Derartige Angaben könnten allenfalls auf Grundlage des § 9 Absatz 2 BauPrüfVO verlangt werden, jedoch nur für Vorhaben, für die ein Brandschutzkonzept erforderlich ist.
Für die Anforderungen an die Darstellung von Transportwegen und Aufstellflächen für tragbare Leitern in den Bauvorlagen gibt es weder im Bauordnungsrecht noch im Brandschutzrecht eine Rechtsgrundlage.
Auf die unter den Nummern 1, 2 und 5 genannten Anforderungen ist in Baugenehmigungsverfahren ab sofort zu verzichten. Die Hinweise unter den Nummern 3 und 4 sind zu beachten. Die in den eingangs genannten Publikationen enthaltenen Anforderungen ohne Rechtsgrundlage sind entweder unverzüglich aus den Publikationen zu entfernen oder die Publikationen sind unverzüglich zurückzuziehen.
Dieser Erlass ergeht im Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern.
Quelle: Gemeinsamer Runderlass des Ministeriums des Innern und des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen, 15. November 2024